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Presseartikel24. Juli 2020Lesedauer: 6 Min

EU-Strategie für die Sicherheitsunion: Zusammenführung der Einzelmaßnahmen in einem neuen Sicherheitsökosystem

The attacks in Paris
In den letzten Jahren sind neue, zunehmend komplexe grenz- und bereichsübergreifende Sicherheitsbedrohungen entstanden, die uns vor Augen führen, wie wichtig beim Thema Sicherheit eine engere Zusammenarbeit auf allen Ebenen ist. Auch die Coronaviruskrise hat die europäische Sicherheit stark in den Mittelpunkt gerückt und die Widerstandsfähigkeit der kritischen Infrastrukturen, der Krisenvorsorge und der Krisenmanagementsysteme Europas auf die Probe gestellt.

Die Europäische Kommission stellt heute eine neue EU-Strategie für die Sicherheitsunion für den Zeitraum 2020 bis 2025 vor. Der Schwerpunkt liegt auf den Bereichen, in denen die EU den Mitgliedstaaten bei der Förderung der Sicherheit aller Menschen in Europa wertvolle Unterstützung leisten kann. In der Strategie werden die Instrumente und Maßnahmen dargelegt, die in den nächsten fünf Jahren zu entwickeln sind, um die Sicherheit in unserem physischen und digitalen Umfeld zu gewährleisten; das Spektrum reicht dabei von der Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität über die Prävention und Aufdeckung hybrider Bedrohungen sowie die Stärkung der Widerstandsfähigkeit unserer kritischen Infrastruktur bis zur Erhöhung der Cybersicherheit und der Förderung von Forschung und Innovation.

In dieser Strategie werden vier strategische Prioritäten für Maßnahmen auf EU-Ebene festgelegt:

1.     Ein zukunftsfähiges Sicherheitsumfeld

Um zu reisen, zu arbeiten oder unerlässliche öffentliche Dienste zu nutzen, ist der Einzelne auf zentrale Online- und Offline-Infrastrukturen angewiesen. Angriffe auf solche Infrastrukturen können zu massiven Störungen führen. Abwehrbereitschaft und Resilienz sind für eine rasche Erholung von entscheidender Bedeutung. Die Kommission wird neue EU-Vorschriften für den Schutz und die Widerstandsfähigkeit kritischer physischer und digitaler Infrastrukturen vorlegen.

Die jüngsten Terroranschläge konzentrierten sich auf öffentliche Räume, darunter Gebetsstätten und Verkehrsknotenpunkte, und nutzten dabei aus, dass diese offen und zugänglich sind.Die Kommission wird eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Akteuren in diesem Bereich fördern, um für einen stärkeren physischen Schutz öffentlicher Orte und für angemessene Meldesysteme zu sorgen.

Cyberangriffe sind häufiger und ausgefeilter geworden. Bis Ende des Jahres dürfte die Kommission die Überarbeitung der Richtlinie über Netz- und Informationssysteme (die wichtigste europäische Rechtsvorschrift im Bereich der Cybersicherheit) abschließen und strategische Prioritäten im Bereich der Cybersicherheit skizzieren, um sicherzustellen, dass die EU in der Lage ist, sich wandelnde Bedrohungen vorherzusehen und darauf zu reagieren.

Darüber hinaus hat die Kommission auch Bedarf an einer gemeinsamen Cyber Unit als Plattform für strukturierte und koordinierte Zusammenarbeit ermittelt.

Schließlich sollte die EU weiterhin robuste internationale Partnerschaften aufbauen und unterhalten, um Cyberangriffe weiter zu verhindern, davon abzuschrecken und darauf zu reagieren, sowie die EU-Standards fördern, um die Cybersicherheit in Partnerländern zu erhöhen.

2.    Bekämpfung sich wandelnder Bedrohungen

Kriminelle nutzen die technologische Entwicklung zunehmend für ihre Zwecke, wobei der Einsatz von Schadsoftware und Datendiebstahl zunehmen. Die Kommission wird sicherstellen, dass die geltenden EU-Vorschriften gegen die Cyberkriminalität ihren Zweck erfüllen und korrekt umgesetzt werden, und sie wird nach geeigneten Maßnahmen gegen Identitätsdiebstahl suchen.

Sie wird ferner Maßnahmen zur Aufstockung der Strafverfolgungskapazitäten bei digitalen Ermittlungen prüfen und sicherstellen, dass angemessene Instrumente, Techniken und Kompetenzen vorhanden sind. Dabei würden künstliche Intelligenz, Big Data und Hochleistungsrechnen in die Sicherheitspolitik integriert.

Konkrete Maßnahmen sind erforderlich, um gegen besonders schwerwiegende Bedrohungen der Bürgerinnen und Bürger wie Terrorismus, Extremismus oder sexuellen Missbrauch von Kindern vorzugehen, wobei diese Maßnahmen in einen Rahmen eingebunden sein müssen, der die Einhaltung der Grundrechte sicherstellt. Die Kommission stellt heute eine Strategie für eine wirksamere Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet vor.

Die Abwehr hybrider Bedrohungen‚ die den sozialen Zusammenhalt schwächen und das Vertrauen in Institutionen untergraben sollen, sowie die Stärkung der Resilienz der EU sind ein wichtiges Element der Strategie für die Sicherheitsunion. Zu den zentralen Maßnahmen gehört ein EU-Konzept für die Abwehr hybrider Bedrohungen von der Früherkennung, der Analyse, der Sensibilisierung, dem Resilienzaufbau und der Prävention bis hin zur Krisenreaktion und der Folgenbewältigung, d. h. die Einbeziehung entsprechender Erwägungen in die allgemeine Politikgestaltung. Die Kommission und der Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik werden diese Arbeit in enger Zusammenarbeit mit strategischen Partnern – insbesondere NATO und G7 – weiterhin gemeinsam voranbringen.

3.    Schutz der Europäerinnen und Europäer vor Terrorismus und organisierter Kriminalität

Die Terrorismusbekämpfung beginnt mit Maßnahmen gegen die Polarisierung der Gesellschaft sowie gegen Diskriminierung und andere Faktoren, die die Menschen anfälliger für radikales Gedankengut machen können. Bei der Arbeit zur Verhinderung von Radikalisierung liegt der Schwerpunkt auf Früherkennung, dem Aufbau von Resilienz und dem Ausstieg sowie auf der Rehabilitation und der Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Neben der Ursachenbekämpfung ist die wirksame Verfolgung von Terroristen, auch ausländischer terroristischer Kämpfer, von entscheidender Bedeutung. Hierfür werden derzeit Schritte zur Stärkung der Grenzsicherungsvorschriften und zum besseren Einsatz vorhandener Datenbanken unternommen. Die Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Ländern und internationalen Organisationen ist ebenfalls ein zentrales Element der Bekämpfung des Terrorismus, z. B. um die Quellen der Terrorismusfinanzierung auszutrocknen.

Das organisierte Verbrechen verursacht enorme Kosten für die Opfer, aber auch für die Wirtschaft; die Schätzungen der jährlichen Verluste reichen von 218 bis 282 Mrd. EUR pro Jahr. Zu den zentralen Maßnahmen zählt eine Agenda zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität einschließlich des Menschenhandels für das nächste Jahr. Über ein Drittel der in der EU aktiven kriminellen Vereinigungen sind am Schmuggel illegaler Drogen beteiligt. Die Kommission stellt heute eine neue EU-Agenda zur Drogenbekämpfung vor, mit der die Bemühungen um eine Verringerung der Nachfrage nach Drogen und des entsprechenden Angebots verstärkt und die Kooperation mit externen Partnern intensiviert werden sollen.

Organisierte kriminelle Gruppen und Terroristen sind auch maßgebliche Akteure beim Handel mit illegalen Schusswaffen. Die Kommission stellt daher heute ebenfalls einen neuen EU-Aktionsplan gegen den illegalen Handel mit Feuerwaffen vor. Um sicherzustellen, dass Straftaten sich nicht lohnen, wird die Kommission den derzeitigen Rechtsrahmen für die Beschlagnahme von Vermögenswerten von Kriminellen überarbeiten.

Kriminelle Organisationen behandeln Migranten und Menschen, die internationalen Schutz benötigen, als Ware. Die Kommission wird bald einen neuen EU-Aktionsplan gegen die Schleusung von Migranten vorlegen, dessen Schwerpunkt auf der Bekämpfung krimineller Netze, der Intensivierung der Zusammenarbeit und der Unterstützung der Arbeit der Strafverfolgungsbehörden liegt.

4.    Ein starkes europäisches Sicherheitsökosystem

Regierungen, Strafverfolgungsbehörden, Unternehmen, soziale Organisationen und alle, die in Europa leben, tragen eine gemeinsame Verantwortung für die Erhöhung der Sicherheit.

Im Kampf gegen Kriminalität und im Streben nach Gerechtigkeit wird die EU die Kooperation und den Informationsaustausch fördern. Zu den zentralen Maßnahmen gehören die Stärkung des Mandats von Europol sowie die Weiterentwicklung von Eurojust im Hinblick auf eine bessere Vernetzung der Justiz- und Strafverfolgungsbehörden. Der Zusammenarbeit mit Partnern außerhalb der EU kommt ebenfalls entscheidende Bedeutung für die Sicherung von Informationen und Beweisen zu. Die Zusammenarbeit mit Interpol wird ebenfalls intensiviert.

Forschung und Innovation sind machtvolle Instrumente zur Abwehr von Bedrohungen und zur Vorhersage von Risiken und Chancen. Im Rahmen der Überarbeitung des Mandats von Europol wird die Kommission die Schaffung eines europäischen Innovationszentrums für die innere Sicherheit prüfen.

Kompetenzen und eine stärkere Sensibilisierung können sowohl der Strafverfolgung als auch den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen. Schon ein Grundwissen über Sicherheitsbedrohungen und deren Bekämpfung kann der Gesellschaft einen realen Zuwachs an Resilienz bringen. Das Bewusstsein für die Risiken der Cyberkriminalität und grundlegende Fähigkeiten zum Schutz davor können mit dem Schutz durch Diensteanbieter zur Abwehr von Cyberangriffen zusammenwirken. Die Europäische Agenda für Kompetenzen, die am 1. Juli 2020 angenommen wurde, unterstützt den Aufbau von Kompetenzen während des gesamten Lebens, auch im Bereich der Sicherheit.
 
Weiterführende Informationen

Pressemitteilung EU-Strategie für die Sicherheitsunion: Zusammenführung der Einzelmaßnahmen in einem neuen Sicherheitsökosystem

Mitteilung über die EU-Strategie für die Sicherheitsunion

Fragen und Antworten: Umsetzung einer Sicherheitsunion

Pressemitteilung: Umsetzung einer Sicherheitsunion: Initiativen zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern, von Drogen und illegalen Schusswaffen

Sicherheitsunion – Website der Kommission

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
24. Juli 2020